Selbstfürsorge – 7 Säulen

„Liebe deinen nächsten, wie dich selbst.“ Ich bin mit diesem Satz aufgewachsen. Jeden Sonntag gingen wir in den Kirche. Als ich dreizehn Jahre alt war, sagte ein Pädagoge zu mir „Du hast das falsch verstanden! Es heißt wie dich selbst, nicht mehr als dich selbst.“ Es ist schwer zu sagen, was diese Aussage damals mit mir gemacht hat. Hat sie mich geärgert, verletzt oder gekränkt? Wahrscheinlich all das zusammen, vielleicht noch mehr. Ihr seht es schon daran, wie präsent es mir 22 Jahre später noch ist. 

Was dieser Mann damals zu mir gesagt hat, stimmt natürlich. Es geht um Selbstliebe, Selbstfürsorge und Self-Care. Begriffe, die auf Social Media mehr als präsent sind. Täglich gibt es unzählige Posts, die erzählen, wie es geht und wie einfach es ist. Wie einfach es tatsächlich für uns ist, liegt unter anderem in unserer Vergangenheit. In diesem Beitrag teile ich mit euch Tipps, um Selbstfürsorge im Alltag umzusetzen. Ihr findet Ideen zu sieben verschiedenen Bereichen.

Was ist Selbstfürsorge?

Selbst Fürsorge. Es geht um die Sorge um uns selbst. Wenn wir klein sind, sorgen Erwachsene für uns. Wir Menschen brauchen lange, um für uns selber sorgen zu können. Wir brauchen die Erwachsenen, um zu überleben. Wenn wir dann groß sind, erwachsen, dann müssen wir für uns selber sorgen. Das ist Selbstfürsorge. Wir müssen also für uns selber die Elternrolle übernehmen. Deswegen beziehe ich mich in diesem Beitrag auf ein Konzept Eltern in der Erziehung zu begleiten. Haim Omer hat das Konzept der Neuen Autorität entwickelt.

Anker – sichere dich

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„Weißt du, warum ich das mache, was ich mache?“ Sie blickt mich von der Seite an und fährt fort „Ich habe einmal von einem Künstler gehört, wir sollten das in unserem Leben machen, was uns einen Boden gibt.“

Das Leben ist wie das Meer. Es gibt Zeiten, in denen es wunderschön ist. Es liegt offen, weit und ruhig vor uns. Manchmal aber ist es gefährlich. Es gibt Stürme und meterhohe Wellen. Schiffe brauchen einen Hafen. Es geht darum eine verlässliche Beziehung zu uns selbst zu haben. Wir können uns selber einen Hafen gestalten. 

Was ankert dich?

  • Nimm dir Stift und Papier.
    • Stell dir einen Wecker auf 15 Minuten.
    • Schreibe oben auf das Blatt „Das ist mein Boden.“
  • Was hat dir als Kind Spaß gemacht? Erstelle eine Liste.
  • Erschaffe dir eine Höhle. Einen Ort, an den du dich zurückziehen kannst.

Präsenz – da sein

Selbstfürsorge_Präsenz

Es gab eine Zeit, in der ich anfing zu weinen, wenn mich jemand gefragt hat, was mir Spaß bringt. Ich konnte meinen Boden nicht finden, habe mich selber nicht gespürt. Manchmal fühlt sich die oft beschriebene Präsenz bedrohlich an. Wir können es nicht aushalten, da zu sein. Und doch ist es wichtig für die Selbstfürsorge. 

Einfach nur da sein

  • Die Morgenseiten ermöglichen dir da zu sein. Sie sind eine Möglichkeit eine Verbindung zu dir selbst zu haben, ohne dich zu bewerten.
  • Sei ehrlich und schreibe auch auf, was du dir nicht zutraust.
    • Wem traust du es zu?
    • Wer traut es dir zu?
    • Was wäre, du könntest es doch? Wie sähe das aus?
    • Wer kann dich unterstützen?
    • Was muss passieren, damit du es dir zutraust?
  • Etabliere ein Ritual. Zum Beispiel:
    • Kaffee im Bett.
    • Der erste Tee bei offenem Fenster oder drau0en.
    • Vor dem Schlafengehen aufräumen.

Wachsame Sorge

Selbstfürsorge_sorge-für-dichAusreichend Bewegung an der frischen Luft, gesunde Ernährung, genug Schlaf und all das am besten täglich. Es müssen nur zehn Minuten am Tag sein. Oder, warte, reicht das, um die nötigen Schritte zu machen? Und eigentlich habe ich bisher ja auch nur die Maßnahmen für unseren Körper aufgezählt. Es gibt doch auch noch die Mind-Awarenes. Wir sollen nicht nur für unseren Körper sorgen, sondern für eine gute Body-Mind-Balance sorgen. 

Und jetzt mal ehrlich. Das alles ist richtig. Wirklich. Und es ist genau das, warum Selbstfürsorge sich so anstrengend anfühlt. Dabei geht es nicht darum jeden Tag ein perfektes Leben zu führen. Es geht darum immer wieder zu diesem zurück zu kommen. Wir müssen wissen, was uns gut tut, um immer wieder die Aufmerksamkeit sacht da hin zu lenken. 

Aufmerksamkeit lenken ohne Druck

Wie kann uns Selbstfürsorge gelingen, ohne Druck aufzubauen? Das sind einige meiner Ideen:

  • Journaling
    • Schreibe am Abend auf, was dir am Tag gut getan hat?
    • Blättere in Zeitschriften und schneide Bilder aus, die dir gefallen. Vielleicht weil sie zeigen, wie du leben möchtest (Visionboard) oder einfach weil sie dir ein gute Gefühl bereiten.
    • Schreibe am Abend drei Glückssplitter auf.
  • Plane Pausen ein. Warte nicht, bis dein Körper die Notbremse zieht. Du kannst vorausschauend durch dein Leben steuern. Es ist nicht schlimm mal zu schnell zu fahren, dann fahre rechts an und atme durch.
  • Achte auf deine Grenzen. Wenn du merkst, dass du stolperst, guck hin. Was lässt dich Durchhalten? Schreibe 15 Minuten zum Thema Durchhalten. Schreibe alles auf, was dir dazu einfällt ohne den Stift abzusetzen.

Selbstkontrolle

Selbstfürsorge_SelbstkontrolleViele von uns haben gelernt durchzuhalten. „Zähne zusammen und durch.“ Meine Psyche versucht oft hartnäckig mir zu zeigen, dass ich am Ende bin. Ich gehe dann weiter und tue so, als würde ich es nicht bemerken. 

Selbstkontrolle in der Neuen Autorität ist ein Aufruf an die Eltern sich zurück zu nehmen und nicht aus der Wut zu handeln. Haim Omer soll gesagt haben „Schmiede das Eisen, wenn es kalt ist.“ Was bedeutet Selbstkontrolle im Umgang mit uns selbst? Das selbe. Es ist eine Einladung zu schauen aus welcher Motivation wir handeln. Was treibt uns an. 

Unser Gehirn ist ein ziemlich altes System. Wenn wir einen Angriff wahrnehmen, reagieren wir reflexartig. Wir fliehen, kämpfen oder stellen uns tot. Normalerweise wird dieser Impuls umgeleitet und wir können angemessen auf Situationen reagieren. Immerhin kommt es nicht so gut an, wenn wir den Vorstand angreifen, wenn wir vor ihnen etwas präsentieren sollen. Wir haben gelernt unsere Impulse zu kontrollieren. 

„Wenn Selbstfürsorge die Sorge für uns selber ist, dann müssten wir uns doch auch selber Grenzen setzen.“

Genau das ist richtig und genau das ist die Selbstkontrolle. Das kann auf verschiedene Arten geschehen:

  • Atme tief durch. Schon ein tiefer Atemzug aktiviert den Parasympathikus und sorgt so für Entspannung.
  • Erlaube dir deinen Weg, deine Gefühle. 
  • Ich habe weiter oben erzählt, dass ich immer wieder in die selben Muster falle. Weiter immer weiter, auch wenn mir meine Psyche schon lange sagt, dass ich eine Pause brauche. Es ist mein Körper, der mich anhält. Das ist ein Muster. Wenn du so ein Muster bei dir erkennst, ist es wichtig dir selbst zu ermöglichen vor der Eskalation auszusteigen. Das ist zugegebener Weise leichter gesagt als getan. Such dir Menschen, mit denen du regelmäßig Zeit verbringst. Frage sie, ob sie dir ein Zeichen geben, wenn sie das Muster erkennen.

Netzwerk

Selbstfürsorge_Interessen-teilenIch habe eine Sehbehinderung. Das bedeutet, dass ich immer wieder Hilfe brauche. Was ich hasse. Klingt krass, ist aber genau so. Jetzt ist es raus. Das ist eins meiner Themen und ich arbeite schon lange daran. Ich werde besser darin Hilfe anzunehmen und kann sogar darum bitten. Ich wusste, dass wir mit Druck nur Druck erzeugen. Irgendwann konnte ich das dann auch fühlen.

Selbstfürsorge bedeutet eben auch, dass wir für ein Unterstützungsnetzwerk sorgen. Neben der Unterstützung haben Netzwerke noch eine zweite Funktion. Sie können uns stabilisieren und fliegen lassen. Menschen sind soziale Wesen. Es ist tut gut mit Menschen Zeit zu verbringen, die uns inspirieren und motivieren. In dem Buch „Weg des Künstlers“ fordert Julia Cameron uns dazu ein, uns von Menschen fern zu halten, die Energie nehmen. Glücklicherweise funktioniert auch das Gegenteil. Es gibt Menschen, die uns beflügeln. Mit ihnen teilen wir Interessen. 

Netzwerke aufbauen

Menschen, mit denen wir Interessen teilen, leben nicht unbedingt in unserer Nachbarschaft. Wir müssen auf die Suche danach gehen.

  • Finde eine Gruppe, mit denen du deine Kreativität leben kannst.
  • Social Media ist ein guter Ort, um Menschen mit den gleichen Interessen zu finden.
  • Du kannst auch selber Gruppen aufbauen. Die Podcasterin Joanna Penn erzählt, dass sie ihren Podcast aufgebaut hat, um mit Menschen zu reden, die schreiben, wie sie selber. Sie hatte sonst keinen Kontakt zu anderen Schreibenden.

Beharrlichkeit

Selbstfürsorge_sei-beharrlichLange wollte ich das Buch „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron durcharbeiten. Immer wieder habe ich es angefangen und abgebrochen. Die Verpflichtung jeden Morgen nur für mich drei Seiten zu schreiben schien mir einfach zu groß. Ich hatte Angst zu versagen. Anfang 2021 habe ich es dann endlich in Angriff genommen. Immer mal wieder gab es Morgende ohne Schreiben, doch meistens habe ich geschrieben. Ich war beharrlich und nachsichtig. Auf diese Weise konnte ich mir diesen Weg ermöglichen. 

Beharrlichkeit ist vielleicht das wichtigste Mittel der Selbstfürsorge. Mit Beharrlichkeit können wir immer wieder zu dem zurück kehren, was wir wollen. Habt ihr gute Vorsätze, wenn ein neues Jahr startet? Und, wie lange haltet ihr sie durch? Bei Beharrlichkeit geht es darum immer wieder zu den Vorsätzen zurück zu kehren. Wir haben ein ganzes Jahr, um den Vorsätzen eine Chance zu geben. 

Beharrlich sein

Beharrliche Selbstfürsorge kann sich auf alles Mögliche beziehen. Gesunde Nahrung, Sport, Kreativität, Schlaf und die Sorge für die Psyche. So kann das in deinem Alltag aussehen:

  • Schreibe auf, was dir wichtig ist.
  • Wofür ist es gut, wenn du das tust?
  • Wir müssen nicht auf den 1.1. warten. Jeder Montag ist ein kleines Neujahr. Du kannst mit deinen Vorsätzen neu beginnen oder sogar neue finden.

Wiedergutmachung

Selbstfürsorge_WiedergutmachungEin Problem wenn wir Vorsätze einhalten wollen ist, dass sie zu groß sind. In diesem Fall hilft die Beharrlichkeit, wie eben beschrieben. Ein anderes Problem ist unsere Härte uns selbst gegenüber. Wenn ich es nicht geschafft habe die Morgenseiten zu schreiben, war ich enttäuscht von mir. Ich konnte nicht zu den Morgenseiten zurückkehren, weil ich dachte, ich hätte versagt. Nachsichtigkeit mir selbst gegenüber ist für mich zum Heilmittel geworden (Ich will nicht sagen, dass ich perfekt bin. Ich übe. Eigentlich ist es eine Lebensaufgabe). Ich gönne mir auch etwas, aber es ist keine Belohnung. Ich stärke die Beziehung zu mir. 

Ich bin oft nicht gut zu mir. Das passiert mir immer wieder. Oft merke ich es erst danach. Und ich weiß genau, ich bin nicht die einzige. Wiedergutmachungen sind also wichtig, denn für die Selbstfürsorge brauchen wir eine stabile Beziehung zu uns selbst.

Inspiration für Wiedergutmachung:

  • Ausschlafen
  • Spazieren
  • In ein Café gehen.
  • Schreibe eine Liste mit zehn Dingen, die du immer schon mal machen wolltest. Suche dir davon eine Sache aus und tue sie.
  • Nimm dir Stift und Papier und stelle einen Wecker auf 15 Minuten. Oben auf dein Blatt schreibst du „Es tut mir gut, wenn…“ Schreibe ohne den Stift abzusetzen einfach alles auf, was dir in den Kopf kommt.

So, dass waren die sieben Säulen der Neuen Autorität und was sie mit Selbstfürsorge zu tun haben. Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Ausprobieren. Wichtig: Nehmt euch nicht alles auf einmal vor. Ein Bereich zur Zeit reicht. 

Ich freue mich sehr, wenn ihr mir von euren Erfahrungen erzählt. Gerne könnt ihr sie in die Kommentare schreiben oder ihr schreibt mir eine Mail. 

Birte

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