Systemisch arbeiten – mein Weg

Eigentlich habe ich gar nicht systemisch gearbeitet. Meine Beratungsreise startet 2012 mit einer Verabredung zum Kaffee. Danach habe ich mich angemeldet zu der Ausbildung zur Schreibberaterin an der Schreibwerkstatt Mehrsprachigkeit der Uni Hamburg. In der Ausbildung habe ich den personenzentrierten Ansatz gelernt. Im Masterstudium habe ich dann in einem Seminar zu Beratungsansätzen das erste Mal von dem systemischen Ansatz gehört. In diesem Seminar hat es gefunkt. Ich habe zu der Dozentin gesagt: „Das ist es. Das will ich arbeiten.“ Systemisch Arbeiten hieß für mich, nicht nur den Menschen sehen, sondern auch die Verbindungen und Wechselwirkungen.

Auf dem Bild steht der Titel und daneben ist ein Bild von einem System - Systemisch arbeiten

Systemisch Arbeiten – mein Einstieg

„Willst du für mich arbeiten?“ fragte meine Patentante eher nebenbei. Sie leitete eine Frühförderpraxis. Von der Frage war ich überrascht. Ich hatte sie mal nach einem Praktikumsplatz gefragt. Das war nicht möglich. Jetzt sollte ich auf einmal für sie arbeiten. „Ich habe das nicht gelernt. Mein Schwerpunkt ist Erwachsenen- und Weiterbildung.“ antwortete ich. Trotzdem war ich interessiert, sie blieb dabei, dass ich geeignet bin und zu der Zeit war das Honorar für mich attraktiv.

Die Frühförderpraxis arbeitete systemisch. Ich habe also zeitgleich in der Schreibberatung personenzentriert und in der Frühförderung systemisch gearbeitet. Dabei hätte ich zu dem Zeitpunkt nicht sagen können, was es bedeutet systemisch zu arbeiten. Ander Uni habe ich die Theorie gelernt. Irgendwie dachte ich zu der Zeit, dass das reichen muss. In der Schreibberatung bekam diese Idee Risse.

Ich erinnere mich noch genau an einen Beratungstermin. Ich saß einer Studentin gegenüber. Sie war fast fertig – nur noch die Abschlussarbeit. Schnell merkte ich, dass es bei ihr nicht ums Zitieren geht, obwohl das ihr Anliegen war. In ihrem Leben war es schwer, die Zeit für die Abschlussarbeit zu finden. Ich hatte das Gefühl, dass ich ihr mit meinen Möglichkeiten nicht genug weiterhelfen kann. Ich kam an meine Kompetenzgrenzen.

Von der Theorie zur Praxis 

Immer häufiger kam die Idee, eine Weiterbildung zu machen. Am Ende meines Masterstudiums meldete ich mich dann am HISW zu Systemisch Arbeiten und Beraten an. Obwohl ich mir mehr Kompetenzen wünschte gab es in mir auch eine Stimme, die behauptete das für den Schein zu machen. Tatsächlich merkte ich schnell, dass ich die Inhalte kenne. In über zwei Jahren habe ich dann gelernt, die Theorie anzuwenden.

Systemisch Arbeiten heißt auch, sich selber sehen.

Als Coach bin ich Teil des Systems. Ich interagiere automatisch. Auch wenn die Allparteilichkeit ein wichtiges Merkmal ist, bin ich Teil. In dieser ersten Weiterbildung habe ich vor allem daran gearbeitet – also an mir. Ich habe gelernt Teil einer Gruppe zu sein. Immer wieder bin ich an meine Grenzen gestoßen. In der Schule hatte ich entschieden, dass ich nicht zu einer Gruppe gehören will, dass das verletzt. Jetzt hatte ich die Chance umzulernen. 

Teil der Weiterbildung war auch eine Familienrekonstruktion. Wir mussten Interviews zu Wendepunkten mit unseren Eltern führen und diese dann aufschreiben. Natürlich haben wir auch unsere eigenen notiert. Wir schrieben es auf die glatte Seite von Tapeten und stellten es dann in einem Raum unserer Gruppe vor. Für die Reko sind wir mit der Gruppe eine Woche verreist. Der Raum, in dem die Tapetenbahnen hingen war rund. In der Woche wurde mit jeder Person gearbeitet. Ich bin meiner inneren Kritikerin begegnet und habe geübt, sie in die Hängematte zu schicken.

Warum ich systemisch arbeite

In dieser Weiterbildung habe ich gelernt, dass wir selber die Expert:Innen für unser System sind. Wir kennen uns am besten. Das ist einer der wichtigsten Grundsätze der systemischen Arbeit. In der Arbeit mit Familien habe ich mich täglich gefragt, ob es hier um allgemeine Richtlinien oder um Werte geht. Diese Frage hat mich oft entlastet. Ich habe verstanden, dass viele Menschen anders leben als ich und dass das in Ordnung ist. In der systemischen Arbeit geht es um Beziehungen und das B nicht unbedingt die Folge von A ist. In der meiner Arbeit ist das für mich sehr wichtig. Es hilft mir mich von pädagischen Allmachtsfantasien fernzuhalten.

Auf diese Weiterbildung folgte die Weiterbildung Systemische Therapie und Familientherapie und seit dieser Woche Systemische Supervision, Coaching und Organisationsberatung. Ich liebe es zu lernen und beobachte mich immer noch staunend selber, wie ich reagiere. Bei diesem Lernen geht es nicht nur um Wissen, es geht auch nicht um Abschlüsse oder Zertifikate, es geht um mich und meine Arbeit und natürlich um die Menschen, die ich begleite.

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