Ich glaube, ich wurde elf, als ein Freund mir zum Geburtstag ein Notizbuch schenkte. Der Einband war blau mit einer Maus drauf, die damals so ziemlich alles verzierte. Mein erstes Journal war ein Diddl-Notizbuch. Ich nahm es überall mit hin – außer in die Schule. Das Schreiben nannte ich noch lange nicht Journaling. Trotzdem würde ich es als den Beginn der Reise sehen. In diesem Beitrag teile ich mein Weg zum Journaling. Der Beitrag ist Teil der Blogparade von Valeska.
Der Beginn
Jede Geschichte beginnt am Anfang. Anfänge haben die Eigenart, sich zu bewegen, je nachdem wann wir mit welchem Fokus eine Geschichte erzählen. Als ich die Einladung zu der Blogparade gelesen habe, dachte ich an dieses Diddlbuch. Ich schrieb Gedichte rein, die ich anderen vorlas und sammelte Eindrücke. Vielleicht war es auch ein Tagebuch, aber dafür war das Buch zu wenig privat. Und irgendwie sind es Begriffe, die verschwimmen.
Online Journaling
2012 sitze ich mit einer Unifreundin in einem Café. Ein Treffen, das mein Leben verändern wird. Sie erzählt von einer Art Ausbildung, die sie als Wahlfach belegt hat – die Ausbildung zur Schreibberaterin. „Was genau machst du da?“ frage ich. Eigentlich frage ich nur, um vorsichtig festzustellen, ob ich geeignet bin. Zuhause schreibe ich der Leiterin der Schreibwerkstatt Mehrsprachigkeit eine Mail. Meine Finger zittern und ich kann nicht mehr sagen, wie oft ich diese Nachricht überarbeite. Die Antwort kommt schnell „Gerne können Sie noch teilnehmen. Wir treffen uns am kommenden Montag um 10 Uhr.“
Was das mit meinem Weg zum Journaling zu tun hat? Irgendwie alles vielleicht auch nichts, das ist im Nachhinein schwer zu sagen.
Von nun an führe ich einen wöchentlichen Blog, in dem ich erzähle, was ich lerne. Es heißt ePortfolio und unterstützt das Lernen. Meine Schreibimpulse sind oft Lieder. Neben dem Studium kellnere ich. Zur Arbeit fahre ich mit dem Rad. Es sind fünfzehn Kilometer. Auf dem Weg läuft mein MP3-Player. Das Gerät hat nicht viel Speicherplatz. Drei Alben begleiten mich auf dem Weg „Endlich Nichtschwimmer“ von Dendemann, „Arbeit nervt“ von Deichkind und „Die Reklamation“ von Wir sind Helden. Dendemann fragt „Wann hast du das letzte Mal zum ersten Mal?“ Gute Frage! Schon habe ich einen Schreibimpuls für die Woche.
Die Beiträge der anderen sollen wir lesen und mindestens zwei davon kommentieren. Im Grunde ist es nicht nur ein Portfolio, sondern auch ein Journal – wenn auch online und teilöffentlich, weil der Kurs es lesen konnte.
Journaling wie DaVinci
Die zweite Form des Journalings, die ich in der Ausbildung kennenlerne, ist ähnlich. Es ist das Arbeitsjournal. Schon DaVinci soll solche Bücher geführt haben – habe ich damals gehört und nie überprüft (ich gebe zu, ich bin skeptisch). In einigen Workshops, die ich im Laufe der Zeit zum wissenschaftlichen Arbeiten gebe, stelle ich das Arbeitsjournal als Werkzeug vor. Wichtig ist, dass es immer dabei sein muss. Der Kopf kommt an den eigenartigsten Orten auf neue Ideen. In der Regel, wenn wir eigentlich gar nicht an das Thema denken. Verschiedene Fragestellungen zu meiner Bachelorarbeit kommen mir bei einer 3000° Show im Docks. Ich liebe diese Momente.
Morgenseiten
Irgendwann fällt mir das Buch „Weg des Künstlers“ von Julia Cameron in die Hand und damit die Morgenseiten. Die Autorin beschreibt sie als eine Mischung aus Selbstgespräch und Heilung. Ihr Buch ist ein zwölf Wochenplan und weil ich Pläne wahrscheinlicher umsetze, wenn ich einen sozialen Druck erzeuge, erzähle ich von meinem Weg auf Instagram – vorher habe ich ein paar Mal vergeblich versucht diese Reise zu machen. Zwölf Wochen lang schreibe ich fast jeden Morgen drei Seiten vor meinem ersten Kaffee. Es ist eine Routine und ich bin stolz. Ich merke auch, wie mir in der Zeit das Schreiben von anderen Texten viel leichter fällt. Trotzdem bleibt die Routine nicht. So richtig funktioniert sie für mich auch nur, wenn ich alleine im Bett schlafe.
Freewriting
Das Schreiben mit Impulsen lerne ich auf einer Konferenz 2013 kennen. Eine Vortragende stellt es als Methode vor, um leichter ins Schreiben zu kommen und so Schreibhemmungen zu überwinden. Freewriting geht mit und ohne Impuls. Stift auf das Papier und einfach schreiben, ohne innezuhalten. Zu der Zeit probiere ich das lieber am Computer. Vielleicht ist es unbewusst ein Schutz, um bei der Konferenz nicht zu sehr in die Emotionen zu gehen. Grundsätzlich funktioniert es tatsächlich auch am Computer, wenn du zehn Finger schreiben kannst. Eine Freundin stellt dafür die Schrift auf Weiß, damit sie weniger versucht direkt zu korrigieren und so intuitiver schreibt.
Mein Weg zum Journaling – Bullet Journaling
Als ich einen Kalender für meine Mutter bastele, weil ich keinen finde, der groß genug geschrieben und gleichzeitig schön ist, erzählt mir eine Kollegin vom Bullet Journaling. Ich bin sofort begeistert. Um das Buch von Ryder Carroll zu hören schließe ich ein Audible Abo ab. Es gefällt mir so gut, dass ich es auch noch als gebundenes Buch kaufe. Das ist übrigens superschön und eine absolute Empfehlung. Mit dieser ehemaligen Kollegin spreche ich dann übrigens in einer der ersten Schreibcastfolgen über das Bullet Journaling. Eine Form des Bullet Journaling habe ich für mich und meinen Wochenplan adaptiert.
Mein Weg zum Journaling ohne schreiben – Art Journaling
Als es mir in meinem Job schlechter geht, kann ich nicht schreiben. „Führe ein Journal bekomme ich den Rat.“ und „Du weißt doch, wie es geht.“ Ich würde gerne, aber ich könnte Bände darüber schreiben, warum ich zu dem Zeitpunkt nicht schreiben kann. Ich weiß, dass Blockaden uns schützen. Auch meine Blockade schützt mich, deswegen reiße ich sie nicht einfach ein. Das wäre mir gegenüber nicht fair.
Zu der Zeit wird aber eine für mich neue Frage wichtig und ich will ihr nachgehen. „Wovon träumst du?“ Ich höre sie von Uwe Walter in der Storytelling Masterclass und kann sie nicht beantworten. Ich gehe einige Zeit nach diesem Seminar auf die lange Suche nach meinem Traum, aber das ist eine andere Geschichte. Vorher nehme ich mir Zeitschriften und blättere. Wenn ich Bilder oder Wörter entdecke, die mich irgendwie berühren, dann schneide ich sie aus und klebe sie in mein Journal. Manchmal schreibe ich etwas dazu, manchmal nicht. Das ist mein Art Journaling.
Mein Weg zum Journaling – so geht es weiter
Ich liebe Journaling. Die verschiedenen Formen nutze ich auf meine Weise, so, wie sie für mich funktionieren. Journaling ist für mich der Ort, an dem ich schreibe, ohne darüber nachzudenken, wie irgendwer anders darüber denkt, was ich denke. Im Journal bin ich mit mir. Momentan ist ein häufiger Impuls, dem ich nachgehe: Was hält mich jetzt gerade davon ab, glücklich zu sein. Es ist eine Frage, die zu Gelassenheit führt. Sie stammt aus dem Buch „Gelassenheit durch Auflösung innerer Konflikte“ von Angelika C. Wagner.
Und dann
Vor zwei Jahren ist dann mein eigenes Journal entstanden. Ich habe 120 Schreibimpulse gesammelt. Sie sind nach der Heldenreise aufgebaut und laden dich ein, deine Kraft zu entdecken, weil wir das alle manchmal brauchen. Noch stehen meine Selbstzweifel zwischen mir und der Veröffentlichung. Zwölf Impulse kannst du dir aber schon einfach so runterladen. Meistens teile montags einen Impuls aus dieser Sammlung auf Instagram.
Vielen Dank liebe Valeska für die Einladung zu diesem Beitrag. Wenn du Lust hast auch deine Journaling Reise zu teilen, dann mach doch auch bei Valeskas Blogparade mit – das ist übrigens das erste Mal, dass ich an einer Blogparade teilnehme.
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Hier findest du einen Beitrag über das Journaling von mir.
Hier und hier schreibe ich über Morgenseiten.
Hier findest du eine Schreibcastfolge über Morgenseiten, die ich mit Alexandra Graßler aufgenommen habe.
Liebe Birte, so schön von deiner Journaling Reise zu lesen. Ich erkenne mich in vielen Dinge wieder. Im Journaling Raum für sich selbst zu finden, immer wieder auszuprobieren was gerade gut tut und der Versuch Routinen aufzubauen und auch wieder hinter sich zu lassen. Danke fürs Teilen und schön dich kennenzulernen.
Liebe Christiane,
vielen Dank für deine Worte. Danke, dass du meinen Text gelesen hast.
Herzliche Grüße
Birte