Schreiben und Mindset – Scham und Würde im Schreiben

Wenn ihr Sätze kennt wie „Ich kann nicht schreiben.“, „Ich bin nicht gut genug.“ oder wenn ihr Angst habt Fehler zu machen, dann ist es sinnvoll euch mit eurer Inneren Haltung, eurem Mindset, auseinander zu setzen. Schreibblockaden, aber auch Perfektionismus, können Schamreaktionenn sein. Deshalb geht es in diesem Beitrag um Scham. Scham ist ein Gefühl wie jedes andere, dass aber nicht dieselbe Beachtung findet. Ich erzähle euch von verschiedenen Bereichen, in denen wir Scham erleben und wofür Scham beim Schreiben gut sein kann.

Scham und die emotionalen Grundbedürfnisse

Stephan Marks ist ein Schamforscher. Er unterscheidet vier verschiedene Bereiche der Scham, die damit zusammen hängen, dass unsere emotionalen Grundbedürfnisse verletzt werden. 

Die erste Scham, die wir erleben können, ist die durch den Blick. Wenn wir missachtet werden erleben wir Scham. Hier wird unser Bedürfnis nach Anerkennung verletzt. Wenn andere Menschen oder wir selber unsere Grenzen missachten, erleben wir auch Scham. Hier erleben wir das Grundbedürfnis des Schutzes nicht. Wenn wir Ausschluss erleben, fühlen wir ebenfalls Scham. Zughörigkeit ist auch ein emotionales Grundbedürfnis. Der vierte Schambereich betrifft unsere Werte. Dabei geht es nicht nur um uns selber. Wir erleben auch Scham, wenn wir mitbekommen, dass andere Menschen beschämt werden. Scham ist ansteckend.

Scham und Schreiben

Monique Honegger wendet die Bereiche der Scham, die Marks vorstellt auf das Schreiben an. Die Integritätsscham erleben wir, wenn wir Texte schreiben, in denen es um unsere Werte geht. Sie sieht in diesem Bereich zum Beispiel Anschreiben. Ich sehe diesen Schambereich auch in Social Media als relevant. Die Integritätsscham kann eine Prüfinstanz sein. Sie kann aber auch zu einer Schreibblockade führen.

In der Idealitätsscham geht es um unsere eigenen Ansprüche. Sie kann die Qualität steigern. Die Idealitätsscham bringt uns dazu nochmal und nochmal zu überarbeiten. Das beste aus den Texten rauszuholen. Eine Reaktion auf diesen Schambereich ist der Perfektionismus. 

Mit der Intimitätsscham schützen wir uns selbst beim Schreiben. Sie sorgt dafür, dass wir nicht zu viel von uns selber preisgeben. Honegger betont den Unterschied zwischen geübten und weniger geübten Schreibenden. Es geht darum einen Abstand zum eigenen Text herzustellen. Stephen King schreibt in seinem Buch „Das Leben und das Schreiben“, dass er die erste Version eines Projektes in die Schublade legt, bis er es fast vergessen hat. Dann kann er anfangen es zu überarbeiten. 

Es gibt Texte, die wir schreiben, um zu einer bestimmten Gruppe zu gehören. Hier erleben Schreibende die gruppenspezifische Anpassungsscham. Diese Scham sehe ich auch dann, wenn wir in einem Co-Writingprojekt schreiben. Honegger führt als Beispiel das Publizieren von Wissenschaftler:innen an. Damit zeichnen sie sich als Teil einer bestimmten Gruppe aus. Das kann im Schreiben blockieren.

Die Kompetenzscham kann auch zu einer Verbesserung unserer Texte führen. Sie kann aber auch in einer Blockade münden. Das passiert mir bei meinem Blog zum Beispiel immer mal wieder. Diese Scham kann auch zu einer besonderen Form der Schreibblockade führen. Es gibt Menschen, die nicht schreiben, weil sie denken, dass sie noch nicht genug über dieses Thema wissen. Das heißt, dass sie nicht schreiben, sondern immer mehr zu dem Thema oder über das Schreiben lesen oder Kurse besuchen. In diesem Fall hilft das Drauflosschreiben.

Scham gehört dazu


Scham beim SchreibenMonique Honegger sieht Scham als Teil eines Schreibprozesses. Das zu wissen, hilft unsere eigenen Gefühle zu erlauben. Wir dürfen hinter die Gefühle gucken und mit anderen über einschränkende Glaubenssätze reden. Im Reitstall sagte letztens eine zu mir „Ich bin kein Profi. Es gibt Menschen, die es besser können als ich.“ In dem Gespräch ging es zwar nicht ums Schreiben. Hätte bei der Aussage aber gut sein können. Wenn wir solche Sätze aussprechen, hilft es, denn wir erleben, dass andere sie auch denken. Und dann wirkt die Scham weniger, denn wir gehören dazu.

Wenn ihr euch weiter mit dem Thema beschäftigen wollt, könnt ihr auch die Podcastfolgen zu Scham und Schreiben anhören, die ich mit Dennis Hoksch für den Schreibcast aufgenommen habe: Scham beim Schreiben und Scham beim Schreiben 2

Viel Spaß beim Schreiben 

Birte

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